Homo futurus

Exposé

 

Im Jahr 2040 trifft sich der Familienclan Willak zu einer Familienkonferenz. Meret und Knut haben zum Mittagessen eingeladen. Sie werden vor dem Nachtisch mitteilen, dass sie die operative Führung der Familienfirma, die Utubatoren (Gebärmutter-Apparate) produziert, ihrem Sohn Sevan und ihrer Tochter Mailot übergeben. Knut und Meret wollen eine neue Firma gründen, welche Utubatoren für den extraterrestrischen Bereich produziert.

Von Meret dominiert, hat der Clan den elitären Anspruch, mit Gebärmutter-Maschinen und der Propagierung der Keimbahnveränderung (Genveränderung und Weitervererbung derselben) zur Elite einer Welt mit einer neuen Menschenart zu gehören: "Homo profectus".

 

Diese Haltung wird innerhalb der Familie unterschiedlich prononciert vertreten. Sevan und als versteckte Urheberin seine Frau Velly widersetzen sich.

 

Das Theaterstück beginnt in der Pause nach dem Essen. Knut und Meret wollen zum Nachtisch überleiten, um den Familienmitgliedern ihre Firmenabsichten darzulegen. Das Gespräch beginnt frei assoziierend. Alle fühlen sich wegen des eifrig praktizierten Anti-

Aging jung und dynamisch. Sie sind stolz, sich zur Avantgarde der Gesellschaft zählen zu dürfen. Ansichten, Dialoge, Reden und Widerreden reihen sich aneinander. Es geht um

 

  • Verheissungen der Humangenetik
  • die Wertbestimmung von Frau und Mann angesichts heutiger Reproduktionsmöglichkeiten (künstliche Zeugung und Schwangerschaft, genetische Selbstveränderungen)
  • eine Debatte über die letztendliche Ursache menschlichen Strebens.

 

Dabei offenbaren sich die verschiedenen Persönlichkeiten mit teilweise prekären Ansichten und Verhaltensweisen.

Am auffälligsten ist Sevan, der abweichendes Verhalten zeigt und scharf gegen die Familiendoktrin spricht, wonach ein echter Willak für künstliche Zeugung und Schwangerschaft sowie Keimbahnveränderung eintrete.

Auch Mailot zeigt absonderliches Benehmen, das ihrer narzisstisch-rationalen Rhetorik über die Zugehörigkeit zur neuen Menschenart "Homo profectus" krass widerspricht.

 

Neandertaler, Jetztmensch, Android

Ein erste, wenn auch nur intellektuelle, Verunsicherung entsteht, weil die Familie erwägt, dass der heutige Mensch der 'Neandertaler' des 21. Jahrhunderts werden könnte, wenn bald schon eine gentechnisch modifizierte Menschenart entsteht.

Auch der Android William gerät ins Blickfeld, weil er, obwohl Maschinenmensch, zu gewissen autonomen Handlungen fähig ist. Sein Auftreten lässt erahnen, dass die aufkommende Informationstechnologie (weisse Technologie) in Konkurrenz mit der gentechnischen Evolution (rote Technologie) des Menschen gerät.

 

Fassade zerbricht

Endlich kann Knut zu seiner Rede über die Familienfirma ansetzen. Wieder herrscht scheinbar Harmonie, man prostet sich zu, nur Mailot und Sevan zeigen weiterhin Verhaltensauffälligkeiten. Man

könnte endlich zum Nachtisch greifen.

Meret und Knut drängt es aber, vor versammelter Runde zu renommieren und sich gegenseitig zu provozieren, weil beide voreinander offene Rechnungen haben. Das Paar treibt sich gegenseitig zur Preisgabe von Geheimnissen an.

 

  • Meret verkündet, dass sie mit einem neuen Typ Utubator experimentiert. Sie habe eine ihrer Eizellen aus dem familiären Kühlfach mit der Samenzelle ihres Schwagers Kevin, der in der Firma für ethische Fragen zuständig ist, verschmolzen.
  • Diese Preisgabe löst eine Kaskade weiterer Enthüllungen von Familiengeheimnissen und -lügen aus und setzt aggressive Impulse frei.

 

Enthüllungen, Entgleisungen

 

  • Mailot erkennt, warum sie infantile Regressionen hat: Weil sie im Prototyp des Utubators mit einem fötalen Zwilling heranwuchs, den man, um ihr Leben zu retten, absterben liess, reinszeniert sie unbewusst ihr fötales Trauma. Ihr Menschenbild deckt sich zwar mit dem ihrer Mutter, sie hasst aber Mutter wegen ihres egozentrischen, gefühlskalten Benehmens.
  • Sarah greift ihren Mann Kevin (der Samenspender für Merets Experiment) scharf an mit Seitenhieben gegen Meret. Aus Wut schaltet sie heimlich den Utubator aus, den Meret vorher auffahren liess.
  • Sevan, solidarisch mit Velly, die sich immer schon von der familiären Doktrin distanzierte, ist zur Irritation aller zum harten Dissidenten in der Familie geworden. Vor Kurzem schaltete er sein Biochip-Implantat aus. Dadurch werden die Schäden sichtbar, die er sich als mütterliches Versuchsobjekt im unfertigen Utubator zugezogen hatte. Er klagt Mutter für ihr selbstsüchtiges Experimentieren scharf an, weil er sich von ihr missbraucht fühlt.
  • Knut, ein sexbesessener Machotyp, beherrscht sich auch heute gegenüber dem Hausmädchen nicht. Meret greift ihn deswegen an und verletzt ihn zudem in seiner männlichen Ehre, indem sie verkündet, er sei nicht Sevans Vater.
  • Knut rächt sich, ausplaudernd, er hätte früher Merets inzwischen verstorbene Schwester geschwängert.
  • Meret bricht psychisch ein, weil sie sich von Knut gedemütigt fühlt. Sie ist aber auch schockiert, weil Knuts sexualisiertes Benehmen ihre Familienvision absurd erscheinen lässt.
  • Kevin deckt auf, dass Velly die Tochter von Knut und der verstorbenen Schwester Merets ist – die Liebeswahl zwischen Sevan und Velly folglich Verwandtenliebe.
  • Ein Chaos bricht aus, Sevan erleidet einen Affektdurchbruch, kann aber zurückgebunden werden.
  • Augenblicklich trennt sich Velly von Sevan und der Familie Willak.
  • Schliesslich sorgt der Warnton des von Sarah ausgeschalteten Utubators für die letzte Gefühlsaufwallung. Der Fötus wird, weil er wegen der ausgebliebenen Nahrungszufuhr wahrscheinlich geschädigt ist, vor den Augen aller zum Sterben gebracht.

 

Schluss

Nach der dramatischen Entwicklung des Familientreffens schlägt Knut vor, dass man für heute Schluss mache in der Annahme, dass niemand mehr Lust auf Nachtisch verspüre.

Er will aber von denjenigen eine verbindliche Unterschrift, die auch weiterhin in der Firma bleiben bzw. an der familiären Wertehaltung partizipieren möchten. Alle, auch Sevan, unterschreiben.